Schlimmer geht’s nicht! Ach, echt? Ein Reisebericht in mehreren Teilen – Epilog

Die letzten beiden Urlaubstage waren wirklich schön. Am vorletzten Abend kauften wir frisches Obst, Joghurt, Wein, Wasser und frisch gepressten Orangensaft. Dann fuhren wir zum Strand, setzten uns auf unser Handtuch und blieben einfach still sitzen, bis die Sonne feuerrot unterging.

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Sonnenuntergang am Strand

Auch den nächsten Tag verbrachten wir am Strand. Ich kaufte mir einen Klappstuhl und einen Sonnenschirm, und saß einfach den ganzen Tag darin herum. Ich tat nichts anderes, als auf das Wasser zu schauen oder in meinem Buch zu lesen. Mehr brauchte ich nicht.

Am späten Nachmittag, als meine Familie in ihre Bücher vertieft war, versuchte ich mal wieder eine Buchungsnummer für meinen Rückflug zu bekommen. Ich war auf dem Hinweg und auf dem Rückweg bei Lufthansa gebucht. Jedoch wurde der Rückflug von United Airlines durchgeführt, ergo, konnte ich mit meiner Buchungsnummer keinen Sitzplatz reservieren. Lufthansa sagte ganz klar, das es über sie nicht möglich sei und United konnte mit meiner Lufthansa Buchungsnummer nichts anfangen. Ist ja logisch. Wie man sieht, ist Star Alliance nicht immer nur vorteilhaft für Reisende. Ich versuchte über meinen Namen und die Reisedaten irgendwie dem Portal von United klar zu machen, dass sie mich nach Hause fliegen werden und ich einen Sitzplatz reservieren möchte. Fehlanzeige. So durchforstete ich Unmengen an Mails und Dokumente und fand tatsächlich meine Ticketnummer. Die Cloud ist schon echt eine feine Sache. Alles gut.

Ich hatte einen Gabelflug von Miami über New York nach Frankfurt. Und so reservierte ich mir den ersten inneramerikanischen Sitzplatz, als das Portal mir für einen wirklich winzigen Dollar Betrag ein Upgrade in die 1. Klasse anbot. Gut, ich habe nicht wirklich lange nachgedacht bevor ich ablehnte. Ich bekam war nur einen Mittelplatz, aber die vier Stunden schaffe ich sehr bequem hinten in der gequetschten Holzklasse. Die letzte Woche war teuer genug. Hauptsache ich bekomme einen guten Platz auf der Langstrecke nach Frankfurt.

Ticket 1
Hier die Eco

Tja nun, was soll ich sagen. Ich bekam wirklich einen guten Platz und freute mich, als ein weiteres Fenster aufging und mir, für deutlich mehr Dollars, ein Business Class Ticket angeboten wurde für die Langstrecke. Puh!

Die Kluft, die zwischen der Eco und der Business auf der Langstrecke herrscht, grenzt wirklich schon fast an Unverschämtheit. Ich bin vor einigen Jahren auf der Langstrecke erstmals upgegradet worden, dass war von Miami nach Frankfurt, und ich war von dem Unterschied mehr als überrascht. Innerdeutsch bin ich schon oft Business Class geflogen, jedoch finde ich nach wie vor, dass es sich nicht wirklich lohnt, soviel mehr Geld dafür zu bezahlen.

Ja, der Mittelplatz bleibt immer frei. Ja, ich bekomme mein Getränk im Glas und nicht im Plastikbecher. Ja, ich bekomme etwas zu lesen. Ja, ich bekomme etwas zu knabbern. Ja, ich kann mehr Gepäck mit nehmen (können aber alle Vielflieger eh). Ja, ich darf vor den Eco einsteigen (dürfen die besseren Vielflieger auch).

In meinen Augen reicht das nicht ganz aus. Um euch einen Wert zu geben, habe ich eben zwei Tickets konfiguriert. Der günstigste Flug Frankfurt – München – Frankfurt am 1. Oktober in der Eco und der identische Flug in der Business. Es macht einen Unterschied von 430 Euro aus. Wofür? Für Gläser? Ich würde es jedenfalls nicht machen.

Ticket 2
Und hier die Business

Die Langstrecke ist da eine ganz andere Hausnummer. Es fällt mir schwer das gegenüber zu stellen. Es ist wirklich so, als würdest du auf einem Esel von Frankfurt nach München reiten oder wahlweise mit einem Auto fahren. Einem guten Auto. Ich kann mir kaum vorstellen, wie es in der First sein muss.

Nun, da ging dieses Fenster auf und ich erblickte den – wie drücke ich das aus – verhältnismäßig niedrigen Preis, den man dafür zu bezahlen hätte. Er war sogar überraschend günstig. Könnte ich mir das überhaupt noch leisten? Jein. Es war noch etwas Luft auf meiner Kreditkarte, die jedoch schon sehr gequält worden war in den letzten Wochen, dank des sehr bescheidenen Dollar Kurses.

Ich überlegte kurz … 3, 2, 1, … meins. Ich fliege Business zurück nach Hause. So viele Stunden, Tage, Wochen voller Garstigkeiten – das habe ich mir wirklich verdient. Ein kleiner Ausgleich, und ein doch noch schönes Ende. Herrlich. Ich freute mich wirklich, zumal ich einen Nachtflug hatte und mich nach den netten gereichten Köstlichkeiten, einfach in meine Daunendecke kuscheln würde, und bequem auf meinem Liegeplatz bis zum nächsten Morgen schlafen könnte. Jetlag? Diesmal ohne mich.

Der nächste Tag kam, wir packten, ließen uns noch etwas treiben und danach brachte mich meine Familie zum Flughafen. Sie würden erst 9 Stunden später, und mit einer anderen Fluggesellschaft nachkommen. Dann wurde es wirklich schräg, denn – Überraschung – es funktionierte einfach alles. Das Timing passte perfekt. Der Hopper von Miami nach New York war pünktlich und sehr entspannt und mir wurde für einen identischen niedrigen Betrag, sogar ein Upgrade von der Business in die First angeboten, den ich natürlich ausgeschlagen habe. Man muss ja nicht gleich übertreiben. Ich Idiot.

Nun gehörte ich ausnahmsweise zu den Personen, die den Flieger als erstes betreten könnten. Theoretisch. Den die Business Class durfte noch nicht rein. Das beladen des Essens war noch nicht abgeschlossen. Was haben meine Mitreisenden geschimpft. Das wäre eine Frechheit und unverschämt, so mit ihnen umzugehen geht gar nicht. Je länger wir dort standen, umso lauter wurden die Stimmen. Das Schauspiel, dass sich dort bot, war echt der reine Kindergarten. Während die Eco nach und nach im Flieger verschwand, waren ganz deutlich zwei Lager zu spüren und offen zu hören. Ärger auf der einen Seite und Genugtuung und Freude auf der anderen Seite. Für mich hatten beide Seiten einen an der Waffel.

Business mal nicht zuerst? Es wird ihnen schon kein Zacken aus der Krone brechen, wenn sie nicht als Erster sondern als 30ster oder 50ster einsteigen. Denn – Überraschung – der Flieger fliegt nicht vorher los, bis alle drin sind. Und noch weniger verstehe ich die Menschen, die einem die Butter nicht auf dem Brot gönnen können. Da lief doch allen Ernstes ein Paar an uns vorbei, dass sich laut darüber unterhielt, dass uns das recht geschehen würde, uns Geldschweinen. Wie bitte? Diese Art von Menschen können mir echt nur leid tun. Vielleicht bin ich auch nur komisch, weil mir solche Gedanken fremd sind.

Ich stand also brav am Gate, beobachtete dieses traurige Schauspiel und hatte sofort ein lustiges Kopfkino angeschaltet. Geldschweine – noch nie gehört. Ist ein Sparschwein nicht auch ein Geldschwein? Ich schaute dem Pärchen hinterher und amüsierte mich über meine Bilder. Ich wette das alle Freunde und Verwandte dieser netten Menschen, und vor allem deren Kinder, voller Panik, Hektik und mit viel Gezeter, ihrer Sparschweine verstecken, wenn sie vor der Tür stehen. Sicher ist sicher, denn wer weiß, was sie sonst mit den armen kleinen Geldschweinen anstellen würden. Anscheinend haben sie etwas gegen Sparschweinchen. Es gibt halt solche und solche Menschen.

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Gemütlich Reisen

Irgendwann wurde das Boarding der Eco gestoppt und wir durften einsteigen. Ich hatte ja einen Plan. Trinken, Essen, Schlafen. Mein Sitznachbar war ein netter, grauhaariger, älterer Herr und wir kamen schnell ins Gespräch. Wir waren bereits bei unserem dritten Glas Champagner, als wir in die Luft stiegen. Nach erlöschen der Anschnallzeichen, wurden zu ein paar Nüsschen, noch ein weiteres Glas gereicht. Während mein Sitznachbar sich noch ein weiteres Glas gönnte, stieg ich aus. Der Tisch wurde gedeckt, ja, man bekommt weiße Tischdecken, und das Essen wurde nach und nach gereicht. Der Service war wirklich sehr gut und die Qualität des Essens hervorragend. Es gab ein 5-Gänge-Menü mit dem passenden Wein. Ich kann wirklich sagen, dass ich bisher in keinem Restaurant so ein gutes Stück Shortribs gegessen habe. Ernsthaft. Ich streckte mich aus und freute mich einfach nur.

Es lief einfach alles reibungslos, bis zu dem Moment, als ich aufstand, um die Waschräume zu besuchen. Ihr Lieben, was hatte ich mir nur dabei gedacht. Business Class – als kleine Wiedergutmachung? Warum? Weil alles in diesem Urlaub unter dem Motto „Schlimmer geht’s nicht. Ach, echt?“ lief. Und ich mir mit diesem Ticket die „Freistellung“ von all dem erkauft hatte? Ach Julusch, du Trantüte. Hätte, hätte Fahrradkette.

Ich den Waschräumen tauschte ich meine Hose und Bluse gegen einen gemütlichen Jogginganzug und war bereit mich in meine Kissen zu kuscheln. Da sehe ich, wie mein netter Herr Sitznachbar, die Klappe geöffnet hat, meine Tasche geöffnet hat und darin herumwühlt. Er holt meine Sonnenbrille raus, betrachtet das Etui und steckt es zurück. Dann wühlt er weiter. Hätte, hätte, Fahrradkette.

Im Nachhinein ist man immer schlauer. Statt direkt auf ihn zuzugehen und ihn zu fragen was das soll, hätte ich warten und die Flugbegleiter holen sollen. Tja nun. Er schaute mich ganz entspannt an und sagte: „Ist ja gar nicht meine Tasche. Ist so dunkel hier. Entschuldigung.“ Dann macht er sie zu, die Klappe auch, um die Klappe neben an zu öffnen. Dort holt er seine Tasche herunter und fängt an, auch darin zu wühlen. Ich frage ihn was er denn so dringend sucht, und er antwortet nur mit: „Lässt sich nicht finden.“ Dann setzt er sich auf den Platz und macht sich einen Kinofilm an.

Was für eine unglaubliche Fufu. Nachdem ich gesehen habe, dass seine Tasche weder ähnlich ist, noch einen identischen Verschluss hat und in seiner alles voller Papiere und Ordner ist, war klar, dass es kein Versehen war. Und was hatte ich jetzt noch? Ich habe ihn unterbrochen und hatte jetzt nichts mehr als meine Aussage, dass er die Hand in meine Tasche hatte. Ich hatte neben meinen Handys noch meinen Rechner, Kreditkarten, meinen Kopfhörer, E-Book Reader und meine beiden Brillen im Handgepäck. Eben alles, was nicht geklaut werden soll. Zuviel, um es an meinem Körper aufzubewahren.

So, so. Schlafen und dem Jetlag trotzen? Damit war es nun vorbei. Ich fuhr meinen Sitz wieder hoch und schaltete ebenfalls den Monitor vor mir ein. Den ganzen Flug sprach er nicht mehr mit mir. Er schlief aber auch nicht, und somit tat ich es auch nicht. Ich verbrachte nun die verbleibenden Stunden, auf meinem teurem Sitzplatz damit, nicht einzuschlafen. Was war denn eigentlich mit meinem Leben los? Ich glaube nicht an eine höhere Macht, weder im guten noch im schlechten Sinne. Nicht an das Schicksal, oder Karma oder an Murphy. Dem ich trotzdem gerne alles in die Schuhe schiebe. Aber ich saß auf diesem überaus bequemen und jetzt viel zu teuren Sitz, und es ran schon die eine oder andere Krokodilsträne über mein Gesicht. Das war wirklich die Kirsche auf dem Sahnehäubchen. Hatte ich auch das noch wirklich verdient?

Eines war jedenfalls sicher, dass nette Pärchen aus der Eco, hätte sich sicher darüber gefreut. Es gibt halt Menschen und Menschen.

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