Freund oder Feind: Befindlichkeiten und Elefanten

Ich sitze am Flughafen in München und schaue den Menschen dabei zu, wie sie Leberkäse in sich reinschaufeln. Lemminge, Lemminge, Lemminge überall. Kleine, große, junge, alte, Frauen, Männer und Kinder. Ich bin gelangweilt und unkonzentriert.

So vieles liegt mir auf der Seele, so vieles über das ich gerne schreiben würde, aber nicht darf. Das Leben ist kein Ponyhof. Habe ich diese Erkenntnis schon mit euch geteilt? Nie erwähnt? Ach.

Das vergangene Jahr war emotional sehr anstrengend für mich. Ich bin heute an einem Punkt, an dem ich mich wirklich ausgebrannt fühle. Drei Arbeitstage liegen noch vor mir, an dem vieles erledigt werden muss.

Und dann? Dann werde ich wieder einmal damit beginnen, Baustellen zu schließen. Seit Monaten umkreise ich eine Großbaustelle mit überdimensionalem Ausmaß. Auch wenn mir die Aufgabe derzeit unfassbar schwer vorkommt, so werde ich den Elefanten dennoch verspeisen müssen. Ich halte die Gabel und das Messer bereits in der Hand, und weiß dennoch nicht, an welchem Ende ich beginnen soll. Dieser Elefant will sich partout nicht in Stücke schneiden lassen. Dickköpfiges, garstiges Vieh.

Vor einigen Wochen wollte ich mir einen groben Projektplan schnitzen. Ich brauchte etwas, an dem ich mich orientieren kann, und das mir hilft, den Prozess sauber und strukturiert zu durchlaufen. So drei bis vier Stunden habe ich bereits in diesen Plan investiert. Das Ergebnis ist ernüchternd, denn ich starre immer noch auf ein leeres Blatt. Dieser Elefant lässt mir einfach keinen Raum für einen ersten Bissen.

Heute regnet es und morgen scheint vielleicht die Sonne, aber ich bemerke kaum einen Unterschied. Wenn ich etwas in meinem Leben wirklich gelernt habe, dann ist das die Tatsache, dass es wirklich gar nichts bringt, den Kopf in den Sand zu stecken. Schlimmer noch – davon wird man langfristig krank. Aber es ist doch so bequem und einfach, und man findet immer einen Grund, warum man dieses oder jenes verschieben sollte. Nein, sogar verschieben muss. Wenn man jedoch ganz ehrlich zu sich selbst ist, dann weiß man auch, dass man sich am Ende in die eigene Tasche lügt.

Lemminge, Lemminge überall. Lemminge und Leberkäse. Lemminge, Leberkäse und Lufthansa. Allein das ich jetzt eine Minute darüber nachgedacht habe, dass alles mit einem „L“ beginnt, zeigt auf, dass es so nicht weitergehen kann. Mein Kopf, mein Geist, mein Bewusstsein, egal wie man es nennt, ist derzeit absolut fokussiert.

Fokussiert und faszinierend. Je nachdem, wo ich gerade in Deutschland weile, bin ich mehr oder weniger schnell an meinem Rechner. Wenn es dann soweit ist, und ich meine Mails bearbeite, Telefonkonferenzen führe, Präsentationen baue, an Meetings teilnehme oder nur Social Media Channels bespiele, bin ich ganz und gar da. Ich bin voll konzentriert, arbeite effektiv und habe wirklich Spaß daran.

Gerade im Moment schaffe ich ein Arbeitspensum, dass mich selber manchmal staunen lässt. Ich jongliere mit vielen, sehr vielen unterschiedlichen Bällen und bisher habe ich noch keinen fallen lassen. Ich bin auch weit davon entfernt, Bälle durcheinander zu bringen. Das Beispiel ist zwar sehr bildlich, aber es passt perfekt.

Wenn ich meinen Arbeitsplatz verlasse, dann wird mein Geist mit jedem Schritt langsamer und ruhiger. Ich kann dann fasziniert feststellen, dass mir noch nie aufgefallen ist, dass Lemminge, Leberkäse und Lufthansa mit einem „L“ beginnen. So ein Zufall – cool. Und im gleichen Moment frage ich mich, warum mein Geist sich wie ein (Achtung – neues Lieblingswort) Minderbegabter aufführt.

Und wenn ich noch einen weiteren Moment darüber nachdenke, dann wird mir klar, dass außerhalb meiner Arbeitswelt, nur ein dicker, fetter, garstiger Elefant auf mich wartet. Ich glaube, mein Geist geht einfach in einen Stand-by-Modus. Und ich merke es erst, wenn ich mich darüber wunder, dass ich mich darüber wunder, dass Lemminge, Leberkäse und Lufthansa mit dem gleichen Buchstaben beginnen. Hat das einen Sinn ergeben?

Aber es hilft alles nichts. Ich kann jetzt weiter stundenlang Bilder bearbeiten, weil ich nichts schreiben darf, oder mir ein Lätzchen umhängen, und dem kleinen Schweinhund mal zeigen, dass man auch einen Elefanten essen kann – Stückchen für Stückchen.

Na dann, Guten Appetit!
Eure Julusch

P.S. Wie kommt ein Elefant in den Kühlschrank?

9 Antworten zu “Freund oder Feind: Befindlichkeiten und Elefanten”

  1. Liebe Julusch,
    ich wünsch dir verdaubare Häppchen, immer eins nach dem anderen. Auch wenn es scheint, dass da nur ein riesiger unverdaubarer Elefant steht… Alles was an Häppchen passiert, wird vielleicht etwas frei legen, das zu dir gehört und dich im Anschluss bereichert. Das sieht man leider immer erst, wenn man durch die Engstelle durch ist. Ich benutze jetzt mal als Bild das Gegenteil vom Elefanten, also eine Engstelle, wo es schmerzhaft ist durchzugehen, obwohl es dahinter wieder weiter wird.
    Magst du nicht mal mit der (den?) Person (-en), die du durch Verschwiegenheit zu schützen suchst, ein offenes Wort sprechen? Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass diese Person (-en) etwas davon haben, wenn du das tust. Oder ist es ein Selbstschutz für dich? Im Sinne von, wenn ich nicht offen darüber sprechen kann, ist es vielleicht noch gar nicht wirklich da und bei dir angekommen?
    Vielleicht hast du an den Feiertagen den Mut dich bei dir selbst ankommen zu lassen, deine Gefühle zu spüren, auch wenn du das im Moment vielleicht extrem scheust, was ich sehr gut nachvollziehen kann. Aber vom Verschieben hast du vor allem, dass Zeit verloren geht, Zeit in der du vielleicht funktionierst, vielleicht auch extrem produktiv bist, aber emotional nicht wirklich bei dir und lebendig.
    Alles Liebe, viel Mut und Kraft :star:
    Manchmal musst du der sein, der sich am besten um dich kümmert, weil es sonst niemand tut.
    Marion

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    • Huhu,

      ach Marion, du hast es so ziemlich genau auf den Punkt gebracht.

      Ein Weilchen muss der Schutz jedoch noch anhalten, und ja, auch für mich ist es ein Selbstschutz. Natürlich. Manchmal will man Sachen nicht wahr haben, weil sie nicht wahr sein sollen. Ganz einfach.

      Zielführend? Nein.
      Sinnvoll? Nein.

      Ich weiß das es immer ein „morgen“ geben wird. Und es kann durchaus irgendwann auch sehr schön werden. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.

      Ich bin kein Mensch der sich gerne in seinem Leid suhlt und „wenn-dann-Sätze“ durch seinen Geist Jagd. Ich werde sehen was passiert – genau dann, wenn es passiert.

      Emotional nicht bei mir? Trifft es wohl sehr gut. Stand-by-Modus.

      Dein letzter Satz ist hervorragend. Trotzdem habe ich Angst. Aber auch das gehört zum Leben.

      Gruß Julusch

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      • Liebe Julusch,

        dann bin ich froh, wenn ich nicht an dir vorbei geredet hab. Aber es war insofern nicht allzu schwer, als ich den Hintergrund ein bisschen kenne, ein ganz kleines bisschen.

        Wir Menschen verhalten uns nicht immer logisch, gerade wenn es um Gefühle geht, wenn es um Ängste geht, wenn es um Schmerz geht.
        Du musst dich nicht im Leid suhlen, um anzuerkennen, dass du grad an einem Punkt stehst, der – für alle Menschen an so einem Punkt – schwierig und einschneidend ist. Ablenken führt dazu, dass du auf der Stelle trittst. Aber du wirst dich gefühlsmäßig weiter bewegen, wenn du kannst. Alles zu seiner Zeit.

        Die Angst ist sehr menschlich, das ist sie immer. Sie gehört zum Leben, stimmt. Fragt sich immer nur, wie wir mit ihr umgehen können. Wie wir trotzdem leben können. Wie wir trotzdem weiter gehen können.

        Gruß, Marion

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  2. Ist das jetzt Zufall, dass der Elefant gerade an Weihnachten angegangen werden muss? Oder weil gerade dann ein paar Tage frei dafür sind? Da Du ja sonst so viel arbeitest? Leider sind die Feiertage ja hervorragend dazu geeignet alle möglichen schwelenden Konflikte an die Oberfläche zu bringen da endlich mal Zeit dafür ist, oder weil man quasi gezwungen ist, sich mit der Familie so ‚viele‘ Tage auseinander zu setzen. Die schlimmsten Familienstreitigkeiten finden wahrscheinlich an Weihnachten statt :-(
    Ich bin auch kein Freund davon Ungeklärtes ewig aufzuschieben, mir geht das langfristig auf die Gesundheit. Und ich mag auch nicht mit Menschen täglich agieren wenn ich ‚Hintergedanken‘ dabei habe, ‚das musst Du noch klären’……..
    Wenn die Feiertage sich dafür anbieten, dann nutze die Zeit, ich hoffe, das Problem ist nicht so groß, dass das Fest danach kein Fest mehr ist. Aber wenn Du von einem Elefanten sprichst wahrscheinlich doch! Ich wünsche Dir viel Mut, viel Kraft und Erfolg! Und hoffentlich noch ruhige und entspannte Festtage :-)

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    • Huhu, danke für deine lieben Worte. Es ist wirklich meinen freien Tagen geschuldet und nicht dem Weihnachtsfest, dass der Elefant langsam vom Grill runter muss. Ich versuche positiv nach vorne zu blicken – soweit es mir möglich ist. Und nie zu vergessen: Für ebbes ist es immer gut. Nur habe ich noch kein ebbes gefunden. Lieben Gruß Julusch

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  3. Hallo Julusch, guten Morgen

    Wie du schon selber sagst: es bringt wirklich gar nichts, den Kopf in den Sand zu stecken.
    Er muss ja irgendwann wieder da raus und dann ist überm Sand genau dasselbe wie es vorher auch war. Es ist nur Zeit vergangen. Und zwar wertvolle Zeit, in der man vielleicht schon etwas bewerkstelligen konnte. Zumindest Planungen.
    Stimmts?

    Du hast Spaß an deiner Arbeit, schreibst du. Das ist doch hervorragend!
    Liegt er also in deinem Privatleben, dein Elefant.
    Ich denke, man kann alles ändern, wenn man es will. Man muss Prioritäten setzen und sich fragen, WAS man überhaupt will, WIE man überhaupt leben will.
    Dann sollte man überlegen, wie man „den Elefanten“, wie du das Problem nennst, wieder zum kleinen Baby-Elefanten schrumpfen lassen kann. Oder ob man es sich zutraut, den Papa-Elefanten zu bezircen, dass er ganz handzahm wird. Wenn er das mit sich machen lässt, vorausgesetzt.

    Hm… schwierig, sich ein Bild zu machen, wenn man die Ursache nicht kennt.

    Was sind denn Lemminge??

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    • Huhu,
      danke für Deine aufmunternden Worte. Für mich würde es wohl wesentlich leichter sein, wenn ich den Elefant durch mein Leben treiben würde. Aber leider wurde ich nicht gefragt, ob ich ihm einen Platz in meinem Leben einräume. Das wird auch der Hauptgrund sein, warum es mir unmöglich scheint zu entscheiden, ob ich am Rüssel oder am Hintern anfangen soll. Vielleicht versuche ich es mal mit gated content (sorry, mir fällt partout nicht das deutsche Wort dafür ein). Sobald ich herausgefunden habe, wie das bei WordPress funktioniert. Wie macht man etwas nur ausgesuchten Lesern zugänglich?
      Lieben Gruß Julusch

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