Geld vs. Liebe

Vor einigen Tagen habe ich mich geärgert. Ausnahmsweise mal über eine Tatsache, die ich mir erst vor nicht allzu langer Zeit (aber hoffentlich nachhaltig) abgewöhnt habe. Pauschalisieren.

Es ging um eine Frau – fiktiv oder nicht – die sich auf eine Beziehung mit einem Mann eingelassen hat, nur weil er vermögend ist. In den Kommentaren wurde diese Entscheidung stellenweise sehr negativ bewertet.

Meine bescheidene Antwort darauf war:

Man kann es sehen wie man möchte, aber ich bin fest davon überzeugt, dass auch heute noch viele Frauen die Nullen vor dem Komma zählen, bevor sie sich endgültig binden. Warum auch nicht? Finanzielle Sicherheit nimmt einem einen großen Teil der Existenzangst, vor allem im Hinblick auf die Altersarmut. Wenn ein Mädchen sich ein Leben wünscht, in dem es eigene Zimmer für Schuhe und Taschen hat (schnief) – dann soll man es ihr doch gönnen. Steht es uns zu darüber zu urteilen und dieses zu (be)werten? Jeder muss für sich Entscheidungen treffen, die er morgens vor seinem Spiegelbild noch rechtfertigen kann. Wenn es sie glücklich macht … dann happy Shopping!

Es folgte:

Zitat: „Wir leben in einer Welt, in der wir selbst für Sicherheiten sorgen können, auch als Frauen. Wenn eine aber entscheidet, ein solches Leben wie das Dargestellte zu führen, soll sie es machen. Eine Freundin von mir könnte es wohl nicht sein …“

Ich wiederum gab zum besten:

… würde das auch für bereits bestehende Freundschaften gelten? Also, wenn eine deine Freundinnen diesen Schritt jetzt erst gehen würde. Wäre die Freundschaft beendet? Je nach Bundesland und Kreis wird der reiche Ehemann gegen das Sozialamt getauscht. Und nicht immer freiwillig. Ist das auch Sicherheit? 12 Millionen Menschen leben in Deutschland an der Armutsgrenze. Anyway. Die Meinungen und Gedanken sind frei.

Und:

Zitat: „Es würd mich sehr erstaunen, wenn einer meiner Freundinnen wegen Geld eine Beziehung eingeht. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt und auch in den kommenden Jahren. Und ihre Gründe müssten sehr stichhaltig sein, denn ja, sonst würd ich denken, ich hätte mich getäuscht.“

Jetzt mache ich mir Gedanken, was meine Freundin anstellen müsste, damit ich ihr die Freundschaft kündigen würde. Stichhaltige Gründe hin oder her – viel habe ich nicht gefunden.

Sie könnte eine Affäre mit meinem Mann beginnen. Ja, das wäre ein Grund.
Sie würde einen Pädophilen-Ring führen. Ja, das wäre wirklich ein Grund.
Diebstahl, Lügen, Anfeindungen, reiche Männer? Nein, ich würde nur verstehen wollen, warum sie es getan hat.

Irgendwie gehen mir jetzt auch schon die Ideen aus. Was auch immer meine Freundin tun würde, sie müsste mich schon sehr verletzen, damit es so harte Konsequenzen zur Folge hätte. Und es müsste definitiv eine Absicht nachzuweisen sein.

Aber zurück zu meiner Geschichte. Das Verhalten dieser Frau ist sicher nicht gesellschaftlich akzeptiert, aber dürfen wir es so derbe verurteilen? Und ich sehe nicht, dass JEDE Frau da draußen die Möglichkeit hat alleine für sich zu sorgen. Bin ich komplett auf dem Holzweg?

Was müsste eure beste Freundin/Freund tun, damit ihr diese Freundschaft beendet?

Eure Julusch

5 Antworten zu “Geld vs. Liebe”

  1. Hallo Julusch,
    ich stimme Dir zu. Sowohl darin, dass viele Beziehungen (auch) einem finanziellen Anreiz entspringen als auch darin, dass das absolut ok ist.
    Allerdings haben wir (immer schon und weiterhin) eine Kultur, in der der Schein gewahrt werden muss. Bloß nicht zugeben, was tabu ist. Und „bestimmte Dinge für Geld tun“ ist einfach tabu.
    Ich musste an ein Gespräch denken, welches ich vor zwei Jahren mal in einem McD in der Nähe von Stuttgart mithörte. Wird bei mir auch nochmal eine Story. Hier nur die Kurzfassung: Zwei Freundinnen, ca 17 Jahre alt. Eine erzählt ausführlichst, wie sie sich ihren zukünftigen vorstellt (guter Job, reich, Autos, Haus, tolle Einrichtung, gibt ihr eine Kreditkarte, finanziert Urlaube, trägt sie auf Händen). Sie erzählt auch, was ihre Rolle in diesem Spiel ist (shoppen, nichts tun, sich mit den Freundinnen treffen, abend mit ihm abhängen, ihn verwöhnen) und was sie mit dieser Beziehung vermeiden würde (Ausbildung, Arbeiten, putzen, kochen, alles was anstrengend ist).
    Die Frage, was sie denn tun würde, wenn sie diesen reichen Mann nicht findet, konnte sie ihrer Freundin nicht beantworten, hierzu hatte sie noch keinen Plan, aber eines, EINES würde sie nie tun. Never ever: Ihren Körper verkaufen!

    Gefällt 1 Person

    • Hallo Leander,

      schön das ich mit meiner Meinung nicht so alleine stehe. Ich dachte oft das es ein „Generationsproblem“ ist. Meine Mutter findet es durchaus erstrebenswert ein Leben mit einer Haushälterin, einem Kindermädchen und einer Putzfrau zu führen. Das hat sie und Kindern wie ein Mantra vorgebetet. Obwohl sie nie so ein Leben führte und auch noch nach dem Renteneintritt weiter arbeitet (muss). Vielleicht ist das auch ein Grund für ihre Ansichten.

      Die Story mit den zwei Mädels finde ich klasse. Die Naivität der Jugend schreit dort auch aus allen Poren. Bleibt zu hoffen das sie ihren reichen Mann findet, und ihn wenigstens mag bevor sie sich auf den Rücken wirft. Dann verkauft sie ihren Körper nicht, sondern leiht ihn nur mal kurz an den Mann aus. Muahuahuahauha.

      Lieben Gruß Julusch

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      • Hallo Julusch,
        sorry für die späte Antwort. Manchmal frage ich micht, warum WordPress mir bei jedem Sch… eine Mail schickt, aber wohl nicht, wenn jemand auf meine Kommentare antwortet. Aber das nur am Rande.
        Es ist bestimmt sowohl ein Problem mit dem, was uns die Eltern vorleben und bestimmt noch mehr mit dem, was die eigene Generation offiziell denkt. Bei mir haben die Eltern ein Mittelding zwischen klassisch und modern vorgelebt, aber prägender war die eigene Generation mit Friedensbewegung, Umweltbewegung und Anti-AKW Bewegung. Eine bewegte Zeit! Auch damals war ich aber nicht Teil des Mainstreams sondern gehörte nur zu dem relativ kleinen Teil, der für Presse, Funk und Fernsehen einfach interessanter war als die biedere Mehrheit (damals „Popper“ genannt).
        Heute, durch wieder recht viele Kontakte zur „Jugend“ (auf Basis von 4 Kindern, einer Stieftochter und vielen ganz ganz jungen Kollegen) habe ich den Eindruck, dass sich eigentlich gar nichts geändert hat: Es gibt auch heute Gruppen, die für die modernen Medien interessant sind. Z.B. die selbstbewußten Teens und Twens, die von Tinder unterstützt jede Nacht in einer anderen Kiste liegen. Aber die Mehrheit ist weiter konservativ bis ins Mark mit romantischen Vorstellungen von Treue und Ehe, Bedürfnis nach Sicherheit und dem Wunsch, in ihrer Gruppe integriert zu sein. Deshalb sagen die wenigsten, was sie wirklich wollen, denn die „Freunde“ wenden sich wirklich sehr leicht ab, auch ohne Mord, Raub und Pädophilenring.
        Ob „Körper an den geangelten Millionär verkaufen“ oder „Sex, weil ich meinen Mann liebe (…und eigentlich keinen Spaß dran habe)“ ist nichts weiter als eine Sichtweise bzw. eine unterschiedlich akzeptierte Art, sich auszudrücken.
        Ich würde meinen Körper jedenfalls durchaus „ausleihen“, „vermieten“, „zur Verfügung stellen“. Es will nur niemand dafür zahlen. Pech! Also mache ich es einfach manchmal aus reiner Nächstenliebe, ohne Geld zu nehmen. :-)

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  2. Meine Freundin müsste sich den Nazis anschließen (selbst dann würde ich mit allen Mitteln versuchen, sie davon abzubringen), (ihren) Kindern Leid zufügen oder mit meinem Schatz eine Liebelei beginnen (bei Letzterem gehören aber auch ZWEI dazu …, nur mal am Rande erwähnt ;-) ), sie müsste schon etwas Entscheidendes tun, was meine Lebensmaxime und Basis (zer)stört.
    Hm, nee, ein reicher Mann gehört nicht dazu. Jedem das Seine, nicht wahr?

    Beste Grüße aus Sachsen
    Sylvia

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