Freund oder Feind: Der Letzte

Ich habe bis an den Rand des Wahnsinns geliebt oder was man so Wahnsinn nennt.
Doch für mich ist das die einzig vernünftige Art der Liebe.

– Francais ce Cargon –

Der Schwager meiner Cousine hat eine Patentante, und dessen Gärtner hat eine Schwester, die einen Freund hat, der gestern mit mir gesprochen hat … ihr kennt das Spiel. Diesen Freund nennen wir heute mal den Lord.

Wir sprachen heute über dieses und jenes, interessantes und belangloses. Irgendwann waren wir beim Thema Beziehungen, und ich sagte auf eine Bemerkung von ihm sinngemäß: „Das ist viel Liebe drin, sie kanalisiert nur im Moment nicht.“ Er erwiderte, dass es wohl Zeit für einen neuen Beitrag wäre. Ich verneinte. Jetzt sitze ich doch auf dem Bett, habe nicht viel Zeit zu schreiben, und muss das Thema aufgreifen, aber auf eine ganz andere Art und Weise.

Im Augenblick fühle ich mich ein wenig gespalten, und schuld ist die Musik. Wochenlang, nein monatelang hörte ich keine Musik, weil diese mich emotional zu sehr steuern kann. Dennoch hörte ich zwischen jedem einzelnen Gedanken die unterschiedlichsten Stimmen, die unterschiedlichsten Lieder in meinem Kopf singen. Diese konnte ich aber beharrlich immer wieder wegschieben. In den vergangen Wochen kam ich der Musik fast wieder so nah wie früher. Angeregt durch einen Freund lernte ich neue Künstler kennen und konnte gar nicht nachvollziehen, wie ich es so lange ohne Musik aushalten konnte. Die Emotionen die ich beim Hören der einzelnen Titel spürte, schickten mich auf eine Berg- und Talfahrt. Aber das war absolut okay. Bis vorhin.

Die meiste Zeit höre ich RY X in allen möglichen Variationen. Dazu kamen weitere ausgewählte und auch viele ältere Musikstücke. Dazu gehörte auch das Lied „Shake it“ in der Version von Guiseppe Porrello. Das Lied berührte mich sehr und tat mir richtig gut. So wurde ich übermütig und surfte in diversen Playlist auf YouTube herum. Bevor ich in mein gefühltes 30stes Erkältungsbad stieg, startete ich eine Playlist die den Namen „RY X Mix“ trug. Fehler.

Kommen wir wieder zum Lord. Wir beide verstehen uns gut, nur bei einem Thema driften wir gravierend auseinander. Die gute alte Liebe.

Als ich in meine Wohnung zog war ich froh, für mich zu sein. Das letzte was ich wollte oder auch nur in Erwägung zog wäre eine neue Partnerschaft gewesen. Mein Reich. Mein neues Leben. Meine neue Zeit. Ankommen – bei mir ankommen. Der Lord hingegen würde sich gerne wieder verlieben. Natürlich muss ich ihm recht geben, dass es ein wundervolles Gefühl ist verliebt zu sein. Nie scheint die Sonne heller, ist das Leben leichter und wer möchte nicht jeden Morgen mit einem Lächeln im Gesicht aufwachen. Dieses Gefühl kann man einfach mit keinem anderen vergleichen. Doch wenn es zerbricht, gibt es auch kaum etwas das so sehr weh tut. Auch der Schmerz ist kaum mit einem anderen zu Vergleichen. Diese beiden Gefühle übersteigt nur die Liebe und der Tod.

Mein Leben habe ich in meinem Kopf darauf ausgerichtet, genau dort zu sein und zu bleiben wo ich jetzt bin. Bei mir. Ich meine es wirklich ernst, wenn ich sage: „Mir kommt kein Kerl ins Haus.“ Ich fühle mich, so wie es jetzt ist, wirklich wohl. Nein, ich bin keine verbitterte alte Frau die resigniert hat. Im Gegenteil, ich brauche nur niemanden mehr um glücklich zu sein. Ich bin für mein eigenes Glück oder eher meine Zufriedenheit verantwortlich, und ich möchte das nicht von einem Dritten abhängig machen.

Ja, okay.

„Ritter aus Leidenschaft“ ist einer meiner Lieblingsfilme. Bei „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ kann ich immer noch heulen. „Die Brücken am Fluss“ bringen mich fast um. Und wenn ich „Somebody“ höre … wenn ich „Sombody“ höre … bin ich verloren.

Ich lag nun in dieser Wanne. Ich schaute auf mein Surface, dass außerhalb meiner Reichweite stand, weil Herr Adel Tawil (von wegen RY X Mix) zu singen begann. Ich überlegte kurz, ob ich aus der Wanne steige … ich blieb liegen. Ich hörte:

Ist da jemand, der mein Herz versteht?
Und der mit mir bis ans Ende geht?
Ist da jemand, der noch an mich glaubt?
Ist da jemand? Ist da jemand?
Der mir den Schatten von der Seele nimmt?
Und mich sicher nach Hause bringt?
Ist da jemand, der mich wirklich braucht?
Ist da jemand? Ist da jemand?

Ich fing an nachzudenken. Was ist wenn der Lord recht hat? Endlich ankommen. Ein wundervoller Gedanke. Den Einen – den Letzten finden.

Die Grundidee ist simple bis unmöglich: Einen Menschen finden bei dem man wirklich ankommen kann. Ohne faule Kompromisse – OHNE sich selbst in die Tasche zu lügen. Ankommen. Zufrieden werden. Altwerden. Sterben.

Aber was ist wenn ich mich auf diesen Gedanken einlasse? Was ist wenn ich mir damit nur selber in die Tasche lüge? Möchte ich mich nur selber schützen? Habe ich einfach nur eine scheiß Angst? Wie viele Kraftreserven könnte ich für den schlimmsten Fall der Fälle aufbringen?

Wenige bis keine.

Musik – was soll ich dazu sagen. Musik. Ich muss hier abbrechen. Morgen geht es weiter.

Heute habe ich den ganzen Tag Zeit zum Denken gehabt. Natürlich habe ich heute nur selektiv Musik gehört. Sicher ist sicher.

Ich denke darüber nach wie oft der Lord in seinem Leben wohl verletzt wurde. Vielleicht ist seine Motivation ganz anders gelagert. Zu wenig Schmerz = zu wenig Angst? Ich muss das mal recherchieren. Vielleicht ist er auch einfach nur die „größere Romantikerin“ von uns beiden. Aber immerhin regt er mich zum Denken an.

Was ist mit Euch da draußen? Glaubt ihr an die große Liebe? So eine filmreife Liebe? Glaubt ihr daran, dass da draußen ein Mensch wartet bei dem man wirklich ankommen kann? Seit ihr schon angekommen? Schreibt mir.

Und Herr Tawil sang weiter:

Wenn man nicht mehr danach sucht
Kommt so vieles von allein
Hinter jeder neuen Tür
Kann die Sonne wieder schein’n …

Da ist jemand, der dein Herz versteht
Und der mit dir bis ans Ende geht
Wenn du selber nicht mehr an dich glaubst
Dann ist da jemand, ist da jemand!
Der dir den Schatten von der Seele nimmt
Und dich sicher nach Hause bringt
Immer wenn du es am meisten brauchst
Dann ist da jemand, ist da jemand!

Und eines ist mir heute klar geworden, soviel Herr Tawil auch singen mag, daran zu glauben wäre die größte Westentaschenlüge.

Eure Julusch

Eine Antwort zu “Freund oder Feind: Der Letzte”

  1. Warum entstehen die schönsten Songs der Musik in Zeiten einer unglücklichen Liebe? Warum die schönsten Gedichte in eben diesen Zeiten?
    Es gibt Menschen, die diesen einen Menschen fanden. Und was macht ihn aus, diesen einen Menschen? Sich gegenseitig so zu unterstützen, dass man sich entfalten kann? Dabei den anderen nicht verletzen und eine Achtung aufrecht erhalten? Ihn immer wieder zu überraschen mit unendlich vielen kleinsten Zeichen der Liebe? Da sein, wenn es wichtig ist aber auch und vor allem auch mal weg sein, Luft und Freiraum lassen zum Menschsein?
    Wie viel Potential in Gefühl und Leben liegt in der gelebten Zweisamkeit und ist es immer mehr als in der „Einsamkeit“ oder besteht die Gefahr, dass aus Zweisamkeit am Ende Symbiose entsteht?
    Meine Meinung: Wer jemals liebte, für den ist es keine Frage! Gewagt? Vielleicht. Aber auch nur eine Meinung. Liebe Grüße Olaf

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